Die ersten 100 Tage im neuen Job

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Nach der Einstellung beginnt die Probezeit. Diese gilt es mit Erfolg zu meistern, damit aus der neuen Stelle endgültig eine feste Stelle wird. Tipps vom Bewerbungsberater sowie Karriereberater Dierk Rommel – nicht nur für Führungskräfte.

Glückwunsch, Sie haben die Stelle bekommen. Was zu tun wäre nun weise? Zu wissen, dass Sie nichts wissen. Denn vor Ihrem Onboarding im neuen Unternehmen haben die Götter den Lernprozess gesetzt. Ihren. Im Bewerbungsprozess hatten Ihre Stärken überzeugt (sonst wären Sie nicht dort, wo Sie jetzt sind). Neues Ziel: Integration. Ihre! Zwischenziel? Wahrnehmen der Komplexität Ihres Unwissens. Ob Sie künftig optimale Leistung bringen oder mehr oder weniger schwerwiegende Fehler begehen, hängt davon ab, wie gut Sie jetzt Ihre ersten 100 Tage im neuen Job bewältigen. Gerade in der Startphase ist es nur natürlich, wenn die Führungskraft die neue Rolle noch nicht vollständig für sich interpretiert hat. Als Teil Ihrer Orientierung sollte Ihr Einarbeitungsplan sicherstellen, mit Ihren Hauptansprechpartnern in Kontakt zu kommen. Wichtigster Bezugspunkt ist Ihr Vorgesetzter. Ansonsten – orientieren Sie sich selbst! Der Einarbeitungsprozess funktioniert nicht einseitig. Fragen Sie nach Ihrem Einarbeitungsplan, sofern die Sprache in den ersten Tagen noch nicht darauf kam. Der Einarbeitungsplan sollte Sie in den ersten 30 Tagen mit wichtigen Schnittstellen zusammenbringen, die Sie mit wertvollen Informationen versorgen. Wer keine Informationen hat, muss sie sich besorgen – Informationen sind Holschuld und keine Bringschuld. Während der ersten 100 Tage besteht eine gewisse Schonfrist – aber Welpenschutz gilt nicht für Führungskräfte. Finden Sie heraus, mit welchen Abteilungen Sie darüber hinaus zusammenarbeiten. Erinnern Sie sich an Namen. Trotz aller Herausforderungen auf der Sachebene – Ihnen fehlen wichtige Netzwerke. Noch sind Sie isoliert. Es ist entscheidend, dass Sie Beziehungskapital aufbauen. Und es ist entscheidend, dass Sie mit anderen Mittag essen! Nutzen Sie während der Einarbeitungsphase die Anbahnung von Kontakten über den offiziellen Rahmen hinaus. Termine am späten Vormittag enden oft zwangsläufig beim gemeinsamen Mittagstisch und Sie erfahren wertvolle Informationen über das „wie“ im Unternehmen und entwickeln Schlüsselbeziehungen. Denken Sie daran, bevor Sie spurten: Die ersten 30 Tage sollten Ihrer umfassenden Orientierung dienen.

Insbesondere für Führungskräfte ist es relevant, das Erlernen des neuen Unternehmens strategisch zu planen. Das bedeutet, zunächst die wichtigsten Themen zu identifizieren, und sich das dafür erforderliche Wissen anzueignen. Haben Sie nicht gleich für alles Antworten parat, sondern beobachten Sie, wie der Laden überhaupt läuft. Suchen Sie nach Hinweisen, wie Ihr Unternehmen tut, was es tut. Vermeiden Sie, die Vergangenheit schlecht zu reden. Und urteilen sie nicht zu schnell. Die Strategie die Sie verurteilen, könnte das Lieblingsprojekt einer Person auf Ihrem Weg sein. Eine der ersten Fragen für neue Führungskräfte ist: „Wie ist das Unternehmen dorthin gekommen, wo es heute steht?“. Solange Sie die Antwort nicht kennen, laufen Sie Gefahr, gegen unsichtbare Mauern zu laufen. Je mehr Sie über ungeschriebene Gesetze wissen, umso erfolgreicher werden Sie sein. Letztendlich ist es eine Frage Ihrer eigenen Ökonomie, ob Sie bei Ihren Entscheidungen ausschließlich auf Ihre Sachkenntnis abstellen ohne die gewachsenen Strukturen zu kennen (Es ist kein Fall bekannt, dass sich jemand um Kopf und Kragen zugehört hätte). Wenn Ihnen wichtige Informationen fehlen, treffen Sie leicht Fehlentscheidungen und beschädigen Ihre Glaubwürdigkeit. Darüber hinaus manövrieren Sie sich in eine Außenseiterposition und Mitarbeiter versorgen Sie mit noch weniger Informationen. Nicht zu vergessen, dass Ihr Ziel Vertrauensaufbau ist sowie das Erzeugen von Loyalität und Einsatzbereitschaft.

Tauschen Sie sich in Einzelgesprächen mit Schnittstellen und Mitarbeitern zunächst über Fragen zu Hintergrund, Familie und persönlichen Interessen aus. Und finden Sie heraus, wie deren Tätigkeiten zu Ihrem eigenen Job stehen. Dies ermöglicht Ihnen, Zusammenhänge zu erkennen. Gehen Sie dann mit einer festen Liste von Fragen zum Unternehmen über. Welche Auskunft werden Sie erhalten? Diverse. Unterschiedliche. Widersprüchliche. Es kommt darauf an, wer wann wo fragt. Sie werden staunen, wie unterschiedlich die Antworten ausfallen. Achten Sie darauf, wie die Menschen miteinander umgehen. Versuchen Sie dabei, die Unternehmenskultur zu erkennen. Zählt eher die Gruppe oder die Leistung des Einzelnen? Und wie verhält sich Struktur zu Flexibilität?

Versuchen Sie als Führungskraft, sich über die unternehmerische Grundsituation im Klaren zu werden:

  • Handelt es sich um eine Start-Up-Aufgabe mit Neuaufbau von Strukturen ohne klare Vorgaben?
  • Oder sollen als Turnaround schwierige Entscheidungen getroffen und demoralisierte Mitarbeiter motiviert werden?
  • Steht Ihnen im Rahmen einer Restrukturierung die Auseinandersetzung mit tiefverwurzelten Normen bevor und Sie müssen Überzeugungsarbeit für Veränderungen leisten?
  • Oder agieren Sie zur Stabilisierung eines Erfolges defensiv und sollten erfolgsgefährdende Entscheidungen vermeiden?

Für Fach- wie Führungskräfte ist die wichtigste Person der Chef. Sorgen Sie dafür, dass diese Beziehung funktioniert, indem Sie sich über gegenseitige Erwartungen regelmäßig austauschen. Über was möchte Ihr Chef wie informiert werden? E-Mail? SMS? Memo? In einem persönlichen Meeting? Auf Basis verschiedener Erwartungen mögen Konflikte entstehen. Prioritäten können sich scheinbar täglich verschieben. Reden und verhandeln Sie in den ersten 100 Tagen frühzeitig mit Ihrem Chef, um Unterstützung und ausreichend Ressourcen zu erhalten. Informieren Sie Ihren Chef über Probleme, bevor er es von anderen erfährt. Wenn möglich, schildern Sie ihm erste Lösungsansätze. Aber lassen Sie sich nicht zu Entscheidungen drängen, solange Sie nicht über das nötige Wissen verfügen.

Als Führungskraft formulieren Sie nach etwa 30 Tagen Ihre Ziele und Maßnahmen für die restlichen 70 Tage. Stimmen Sie sich darüber mit Ihrem Chef ab und aktualisieren Sie den Plan nach etwa 30 Tagen. Nehmen Sie eine erste Welle der Veränderung nach 6-8 Monaten in Angriff. Vertiefen Sie Ihr Wissen und geben Sie Betroffenen Zeit zur Anpassung. Schlagen Sie eine zweite Welle der Veränderung nach 12 – 18 Monaten mit tiefergehenden und strukturelleren Veränderungen. Gehen Sie dann zu einer Konsolidierung über, in der Sie durch das Justieren von Stellschrauben die Leistung weiter optimieren.

Die ersten 100 Tage bemessen die Zeitdauer, die einem neuen Amtsinhaber zugestanden wird, um sich einzuarbeiten und erste Erfolge vorzuweisen. Danach kommt es zu einer vorläufigen Bewertung der Amtsleistung – der 100-Tage-Bilanz. Nutzen Sie Ihre ersten 100 Tage, um sich mit den Abläufen rund um Ihre Position vertraut zu machen, und erste Maßnahmen auf den Weg zu bringen. 100 Tage sind kein langer Zeitraum. Und Führung ist kein Sprint, sondern ein Langstreckenlauf.

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